Alle Jahre wieder trennt sich der männliche Hirsch von seinem Geweih und schafft dadurch Platz für Neues. Ein Vorbild für alle, die Angst vor und Lust auf Veränderung haben.
Was der Löwe der Savanne ist, ist der Hirsch dem Wald: der König. Zum einen hat er diese royale Zuschreibung im Volksmund seiner imposanten Statur zu verdanken, zum anderen seinem mächtigen Geweih, das das Haupt des männlichen Hirsches ziert wie eine Krone.
Das Geweih ist jedoch mehr als ein Kopfschmuck. Zur Paarungszeit ab Anfang September, wenn die männlichen Hirsche die getrennt lebenden Hirschkühe begatten wollen, nutzen sie ihr Geweih, um sich in den sogenannten frontalen Schiebekämpfen gegen männliche Kontrahenten zu behaupten.
In der Zeit von Ende Februar bis April werfen männliche Hirsche ihr Geweih ab. Jedes Jahr um diese Zeit verlieren sie die verhornten Knochen auf ihrem Kopf, die mit dem Alter und Entwicklungszustand immer größer werden und bei einem alten Rothirsch bis zu 20 Kilogramm wiegen können. Es dauert dann rund vier Monate, bis sich das neue Geweih gebildet hat.
So weit die Zoologie, doch was hat das mit Coaching zu tun?
Für mich steht der Hirsch sinnbildlich
für natürliche Transformation.
Zyklisch entledigt sich der Hirsch eines festen Teils seiner selbst, um Platz zu schaffen für etwas Neues. Das ist im ersten Schritt mit einer Trennung verbunden, im Tierreich mit dem Abwurf, bei uns Menschen mit einer Ent-Scheidung. Nur so kann an die Stelle des Bewährten und Bekannten etwas Neues treten. Das neue Geweih braucht einige Zeit, um wieder so groß und prächtig zu werden wie das vorherige, doch dann wächst es im Regelfall über die Dimension des alten hinaus. Bis zum Alter von zwölf Jahren schafft der Hirsch es so auf bis zu 20 Enden. Genauso können wir Menschen ein Leben lang konstant über uns hinauswachsen und immer größer und prächtiger werden, sofern wir den Mut aufbringen, Brüche in Kauf zu nehmen.
Veränderung ist immer mit Risiko verbunden
Für Veränderung ist es nötig, ein Risiko einzugehen und kurzfristig weniger von dem zu haben, was wir eigentlich schätzen und angenehm finden. Für manch einen ist ein kleines Geweih besser als gar keins. Derjenige wird sich mit einem kleinen Geweih zufrieden geben – sich aber vielleicht am Ende seines Lebens gramvoll fragen, wozu er mit etwas mehr Zutrauen imstande gewesen wäre. Andere wollen wissen, wie sehr sie sich im Leben entwickeln können, zu welcher Größe sie fähig sind. Sie erfinden sich jedes Jahr neu.